Inflationserwartungen und Zinsen in den USA

Zuletzt wurden Sorgen über anziehende Inflationsraten lauter. Zinskurven sind steiler geworden und Zinsniveaus haben sich erhöht. Der Markt erachtet allerdings mehr als einen vorübergehenden Inflationsimpuls als unwahrscheinlich, was Zinsanstiege begrenzen dürfte. Vor diesem Hintergrund erscheinen USD-denominierte Anleihen attraktiv.

 

Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Portfolio Management

Im ersten Quartal 2021 hat das Thema „Inflation“ nach jahrelanger Pause die Marktteilnehmer wieder beschäftigt. Die Wahlerfolge der Demokraten im Januar, die der Partei die Kontrolle über beide Kammern des Parlaments beschert haben, und die Verabschiedung des 1,9 Billionen USD umfassenden Konjunkturpakets sowie die Perspektive der Wiedereröffnung des öffentlichen Lebens durch das Fortschreiten der Impfkampagne gegen das Coronavirus haben bei vielen Analysten und Marktteilnehmern Sorge um einen inflationären Impuls in den USA geschürt.any analysts and market participants about an inflationary impulse in the US.


Im Zuge dieser Entwicklungen sind die Staatsanleihezinsen deutlich angestiegen, und die Zinskurve ist seit Jahresbeginn deutlich steiler geworden. Zehnjährige US-Treasuries sind um 74 Basispunkte auf 1,65 % gestiegen, und die Differenz zwischen zehn- und zweijährigen Staatsanleihen hat sich auf 1,58 % ausgeweitet.


Andererseits sind die aktuellen Preissteigerungsraten noch niedrig. Im Februar betrug die Preissteigerungsrate in den USA 1,7 %, wodurch diese auf dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre lag. Zwar wird es durch Basiseffekte aus dem ersten Corona-Lockdown im Vorjahr kurzfristig stärker steigende Preise geben, da die ökonomische Aktivität anzieht, der Ölpreis stark gestiegen ist und Steuervergünstigungen ausgelaufen sind. Allerdings bleibt unklar, ob wir einen längerfristigen inflationären Impuls sehen werden. Es ist offen, ob ein Großteil der Stimuluszahlungen an Privathaushalte in die Realwirtschaft fließen oder als spekulativer Zufluss an den Finanzmärkten ankommen wird.


Auch bleiben viele der deflationären Faktoren weiterhin bestehen, die das Zinsniveau seit Jahren niedrig halten. Die Alterung der Gesellschaft und der Trend zu mehr Automatisierung wirken dämpfend auf Preise. Die Kapazitätsauslastung in den USA liegt mit 73,8 % immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der zehn Jahre vor der Coronakrise von 76,8 %, was auf weiterhin unterbeschäftigte Ressourcen hindeutet. Wegfallende Zinseinkünfte und ausbleibende Marktbereinigung durch günstige Refinanzierungsbedingungen wirken ebenfalls deflationär.

Entwicklung zwei- und zehnjähriger US-Zinsen seit Jahresbeginn

Abb. 1: Die Grafik zeigt die Entwicklung zehn- und zweijähriger US-Staatsanleihen seit Jahresbeginn. Quelle: Bloomberg L.P.
Zehn- und fünfjährige US Breakeven-Inflationsraten (in %)

Abb. 2: Die Grafik zeigt zehn- und fünfjährige Breakeven-Inflationsraten in % und deren Differenz für die letzten 20 Jahre. Quelle: Bloomberg L.P.

Im ersten Quartal 2021 hat das Thema „Inflation“ nach jahrelanger Pause die Marktteilnehmer wieder beschäftigt. Die Wahlerfolge der Demokraten im Januar, die der Partei die Kontrolle über beide Kammern des Parlaments beschert haben, und die Verabschiedung des 1,9 Billionen USD umfassenden Konjunkturpakets sowie die Perspektive der Wiedereröffnung des öffentlichen Lebens durch das Fortschreiten der Impfkampagne gegen das Coronavirus haben bei vielen Analysten und Marktteilnehmern Sorge um einen inflationären Impuls in den USA geschürt.

Im Zuge dieser Entwicklungen sind die Staatsanleihezinsen deutlich angestiegen, und die Zinskurve ist seit Jahresbeginn deutlich steiler geworden. Zehnjährige US-Treasuries sind um 74 Basispunkte auf 1,65 % gestiegen, und die Differenz zwischen zehn- und zweijährigen Staatsanleihen hat sich auf 1,58 % ausgeweitet. Andererseits sind die aktuellen Preissteigerungsraten noch niedrig. Im Februar betrug die Preissteigerungsrate in den USA 1,7 %, wodurch diese auf dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre lag. Zwar wird es durch Basiseffekte aus dem ersten Corona-Lockdown im Vorjahr kurzfristig stärker steigende Preise geben, da die ökonomische Aktivität anzieht, der Ölpreis stark gestiegen ist und Steuervergünstigungen ausgelaufen sind. Allerdings bleibt unklar, ob wir einen längerfristigen inflationären Impuls sehen werden. Es ist offen, ob ein Großteil der Stimuluszahlungen an Privathaushalte in die Realwirtschaft fließen oder als spekulativer Zufluss an den Finanzmärkten ankommen wird.

Auch bleiben viele der deflationären Faktoren weiterhin bestehen, die das Zinsniveau seit Jahren niedrig halten. Die Alterung der Gesellschaft und der Trend zu mehr Automatisierung wirken dämpfend auf Preise. Die Kapazitätsauslastung in den USA liegt mit 73,8 % immer noch deutlich unter dem Durchschnitt der zehn Jahre vor der Coronakrise von 76,8 %, was auf weiterhin unterbeschäftigte Ressourcen hindeutet. Wegfallende Zinseinkünfte und ausbleibende Marktbereinigung durch günstige Refinanzierungsbedingungen wirken ebenfalls deflationär. Schaut man sich die Markterwartungen für die USA an, so sieht man über fünf Jahre zwar eine mit 2,55 % etwas erhöhte erwartete Inflation am Markt, auf zehn Jahre ist dies mit 2,32 % allerdings bereits nicht mehr der Fall. Marktteilnehmer erwarten einen kurzfristigen Anstieg der Inflationsraten, sehen dies aber nicht als Teil eines längerfristigen Trends.

Die Grafik zeigt, dass fünf- und zehnjährige Breakeven-Inflationsraten, also die Inflationsraten, bei denen fünf- und zehnjährige inflationsgesicherte US-Staatsanleihen die gleiche Rendite abwerfen wie ungesicherte Bonds, über das letzte Jahr angestiegen sind. Die fünfjährige Rate hat den höchsten Stand seit 2008 erreicht. Insbesondere die zehnjährige Rate liegt aber nach wie vor auf historisch normalem Niveau. Die Differenz aus zehn- und fünfjährigen Inflationsraten ist negativ und auf dem niedrigsten Stand der letzten zwanzig Jahre. Dies bedeutet, dass am Markt keine Inflationssorgen über einen inflationären Impuls in der kurzen Frist hinaus bestehen. Die Inflationserwartungen sind nach wie vor gut verankert. Unabhängig von der Inflationsentwicklung gibt es mit Zentralbankinterventionen einen weiteren Faktor am Markt, der Zinsanstiege begrenzen dürfte. Neben Ausweitungen quantitativer Lockerungsmaßnahmen wurde in letzter Zeit das Thema „Yield Curve Control“, also die Fixierung bestimmter Punkte auf der Zinskurve durch die Zentralbank, diskutiert. Angesichts rekordhoher Verschuldung der öffentlichen Hand dürfte das politische Interesse an deutlich höheren Zinsen sehr begrenzt bleiben. Vor diesem Hintergrund erscheinen US-denominierte Bonds in Euro abgesichert auf den aktuellen Niveaus interessant.