Factor Investing in Emerging Markets: Mit Abstand die beste Performance
Faktoranlagen in Aktien haben sich als effektiv erwiesen, da sie systematisch Renditetreiber identifizieren und nutzen, die sich vom breiten Markt unterscheiden. Doch wie unterscheiden sich die Regionen? In diesem Artikel untersucht Portfoliomanager Johannes Lins, CFA, die Unterschiede in der Faktorperformance zwischen drei wichtigen Anlageregionen und geht der Frage nach, warum Emerging-Market-Faktorportfolios die Nase vorn haben.
Johannes Lins, CFA
Portfolio Manager Equities
Unter der Verwendung historischer Faktorrenditen wurden regionale Unterschiede in den drei häufigsten Allokationsregionen betrachtet. Dabei stellte sich heraus, dass Investitionen in Aktien mit einem hohen Faktor-Exposure in den Schwellenländern zu deutlich besseren Ergebnissen führten als in den USA oder den Industrieländern im weiteren Sinne.
Strukturelle Gründe für die starke Performance
Was sind mögliche Gründe für diese Beobachtung? Verhaltensökonomische Überlegungen spielen zwar auch in den Schwellenländern eine Rolle, wir glauben allerdings, dass strukturelle Aspekte, wie die Persistenz von Momentum, die Widerstandsfähigkeit von Value oder Volatilität und Zinseszinseffekte die starke Performance von Faktorstrategien in diesen Märkten erklären.
Abbildung 1: Schwellenländer haben die Nase vorn: Kumulative Performance gleichgewichteter Faktorenkombinationen
Marktineffizienzen und ein heterogenes Universum
Schwellenländer weisen häufig Ineffizienzen auf, die auf unterentwickelte Finanzsysteme, geringere Liquidität und uneinheitliche regulatorische Rahmenbedingungen zurückgeführt werden können. Die schiere Größe des EM-Universums mit über 3.000 Aktien aus 25 Ländern erschwert die traditionelle Fundamentalanalyse zusätzlich. Dieses vielfältige und fragmentierte Umfeld, das sich über mehrere Zeitzonen und weniger integrierte Wirtschaftsräume erstreckt, erschwert es Analysten, schnell zu reagieren. Aus solchen Gegebenheiten können sich Chancen für systematische, faktorbasierte Strategien ergeben.
- Value: Anders als in den Industrieländern, wo bewertungsbasierte Ansätze im „Quant-Winter“ an Boden verloren haben, hat sich Value in den Schwellenländern als deutlich widerstandsfähiger erwiesen. Aktien können aufgrund einer geringeren Investoren-Abdeckung sowie weniger umfassenden Wertpapieranalysen zu hoch oder niedrig bewertet sein. Angesichts der begrenzten Anzahl von Analysten, insbesondere bei kleinen und mittelgroßen Unternehmen, bleiben diese Fehlbewertungen tendenziell länger bestehen.
- Momentum: Ein anhaltend hohes Exposure zu Momentum-Faktoren, welche sich in den Schwellenländern besonders gut entwickelt haben, war im Vergleich zu anderen Regionen hilfreich. In Märkten, in denen Informationen tendenziell langsamer fließen und Stimmungsumschwünge länger andauern, sind Momentum-Strategien besser positioniert, um längerfristige Trends zu erfassen. Liquiditäts- und Kostenaspekte spielen jedoch eine große Rolle und eine intelligente Umsetzung ist in diesen Märkten entscheidend. Ein hohes Maß an Erfahrung im Handel mit Schwellenländeraktien und Fachwissen über die Besonderheiten dieser Märkte bieten Vorteile bei der Bewältigung der Herausforderungen.
Die nachstehenden Darstellungen zeigen die starke Performance des Value- sowie des Momentum-Faktors in den Schwellenländern.
Abbildung 2: Sowohl Value als auch Momentum zeigen Stärke in den Schwellenländern
Höheres Renditepotenzial durch Risikoprämien
Investitionen in Schwellenländeraktien sind im Vergleich zu den Industrieländern häufig mit höheren Risikoprämien verbunden. Faktorstrategien basierend auf Unternehmensgröße (Small-Cap-Aktien) und geringer Volatilität können hier profitieren:
- Small Caps sind in Schwellenländern oft nur geringfügig durch Broker-Research und Analysten abgedeckt, was dazu führt, dass Anleger einen hohen Aufschlag für ihr wahrgenommenes Risiko verlangen.
- Low-Volatility-Strategien profitieren von der höheren Volatilität in den Emerging Markets, indem sie sich auf Aktien mit geringeren Kursschwankungen konzentrieren. Dabei greifen unter anderem Zinseszins -Effekte, welche in volatilen Märkten besonders ausgeprägt sind.
Diversifizierung
Es wäre zwar naheliegend, die bessere risikoadjustierte Performance eines Multi-Faktor-Portfolios in den Schwellenländern auf ein höheres Diversifikationspotenzial der verschiedenen Faktoren zurückzuführen. Unsere Analysen zeigen allerdings, dass die Vorteile in Schwellenländern und entwickelten Märkten vergleichbar sind. Im Detail stellt sich heraus, dass der Unterschied zwischen dem tatsächlichen Risiko eines gleichgewichteten Multi-Faktor-Portfolios und dem theoretischen Wert, bei einer angenommenen Korrelation von null, in beiden Märkten sehr ähnlich ausfällt. Die höhere risikobereinigte Performance lässt sich hauptsächlich dadurch erklären, dass die Kenneth-French-Faktoren in den Schwellenländern im betrachteten Zeitraum tendenziell weniger geschwankt und gleichzeitig höhere Renditen erzielt haben. Das gilt insbesondere für die Faktoren Value und Momentum.
Fazit
Factor Investing hat sich in der Vergangenheit sowohl in den Schwellen- als auch in den Industrieländern als wirksam erwiesen. In letzter Zeit haben Faktor-Portfolios in Schwellenländern besonders gut abgeschnitten. Die höhere Volatilität, Risikoprämien und strukturelle Ineffizienzen der Schwellenländer bieten mögliche Erklärungen für die starke Wertentwicklung. Expertise in der Faktorprognose und eine intelligente Umsetzung durch einen systematischen Ansatz, insbesondere bei Liquidität, Kosten sowie der schnellen Verarbeitung neuer Informationen, können dazu beitragen, das Potenzial der Emerging Markets auszuschöpfen.
In Anbetracht dieser Beobachtungen sind wir der Ansicht, dass Factor Investing in den Schwellenländern, trotz der Herausforderungen dieser Märkte, weiterhin ein wirksames Instrument zur Erzielung höherer Renditen und der Risikominderung bleiben werden.