Finding Quality in Value Stocks

Vergleicht man die relative Wertentwicklung von Value- und Growth-Aktien, so stellt man fest, dass die Schere in den vergangenen Jahren und insbesondere aktuell weit auseinander geht. In Erholungsphasen sowie beim Platzen von Bewertungsblasen generieren Value-Titel eine hohe Outperformance, während zyklische Werte angesichts des aktuellen realwirtschaftlichen Einbruchs gefährdet sind.

Mark Frielinghaus
Portfolio Manager Equities

Ein Blick auf typische Growth-Portfolios zeigt, dass vor allem große, hoch profitable und niedrig verschuldete Unternehmen hier stark gewichtet sind. In diesem Zusammenhang wird der Begriff „GRANOLAS“-Aktien verwendet. Was zunächst nach einem Müsliriegel klingt, ist laut Goldman Sachs das Synonym für die größten europäischen Aktienunternehmen anhand aktueller Marktkapitalisierung: GlaxoSmithKline, Roche, ASML, Nestlé, Novartis, Novo Nordisk, L’Oréal, LVMH, AstraZeneca, SAP und Sanofi. Diese Werte eint neben ihrem starken Benchmark-Gewicht die hohe Profitabilität, das langjährig stabile Wachstum sowie eine niedrige Verschuldung. Allerdings offenbart der Blick auf verschiedene Bewertungskennzahlen einen entscheidenden Nachteil: GRANOLAS sind im Durchschnitt extrem ambitioniert bewertet. Auf Basis aktueller Gewinne beträgt das KGV rund 35 und ist damit deutlich teurer als der Marktdurchschnitt in Europa mit 19. Auch wenn man künftige Gewinne mit einbezieht, sinkt das KGV auf 18, während für den Gesamtmarkt lediglich ein moderates Niveau von 12 eingepreist wird. Eine Halbierung des KGV bedeutet aber auch, dass der Markt eine Verdopplung der Gewinne erwartet. Ob dies angesichts der Tiefe des Konjunkturrückgangs durch die COVID-19-Pandemie möglich sein wird, ist zumindest fraglich.

Aktive Gewichtung zur Benchmark
Abb 1: Quelle: Quoniam
Hohe Qualität zu einem angemessenen Preis

In den Quoniam-Aktienportfolios sind diese teuren Wachstumswerte in der Regel untergewichtet, was sich aus unserer Investmentphilosophie ergibt. In der quantitativen Aktienauswahl betrachten wir eine Vielzahl von Faktoren gleichzeitig. Insbesondere die Faktoren Value und Quality werden simultan in unsere Prognose einbezogen – das bedeutet, eine Aktie sollte immer beide Eigenschaften erfüllen, um sich für das Portfolio zu qualifizieren.

Abb. 1 zeigt die aktive Gewichtung zur Benchmark in der europäischen Dynamic-Strategie zum Stichtag 30.04.2020. Das Investmentuniversum wurde dazu anhand der Quoniam-Faktorsignale für Value und Quality in neun Sub-Portfolios unterteilt. Im Quoniam Portfolio ergibt sich eine eindeutige Gewichtsverteilung zu Gunsten derjenigen Titel, die gleichzeitig eine überdurchschnittliche Qualität und eine attraktive Bewertung aufweisen. In diesen Aktien sind wir ca. 15% übergewichtet. Auch einige günstige Werte mittlerer Qualität sowie wenige qualitativ hochwertige, teure Titel sind übergewichtet. In sämtlichen Werten niedriger Qualität sowie nahezu allen teuren Werten sind wir untergewichtet.

Quadratur des Kreises in der Praxis

Abb. 2 auf der nächsten Seite zeigt Beispiele für verschiedene übergewichtete Aktien in der europäischen Dynamic-Strategie und bestätigt diese Charakteristika. Zu den zyklischen Konsumtiteln zählen Automobile und Haushaltsgeräte. Bei Peugeot handelt es sich um eine klassische Value-Aktie, die vor allem aufgrund der sehr attraktiven Bewertung gekauft wurde. So liegt das KGV über verschiedene Zeiträume deutlich unter 5 und der Preis-Buchwert klar unter 1, was wiederum gegenüber dem Gesamtmarkt deutliche Abschläge bietet. Dabei bleibt auch der Return on Equity mit knapp 18% sowie der Verschuldungsgrad mit 17% attraktiver als der Gesamtmarkt mit 13% bzw. 28%. In diesem Fall wird die extrem günstige Bewertung also nicht durch eine unterdurchschnittliche Qualität kompensiert.

Beispiele für übergewichtete Aktien in der europäischen Dynamic-Strategie
Abb. 2: Quelle: Bloomberg

Bei Electrolux zeigt sich dagegen eine deutlich gesteigerte Profitabilität gegenüber dem Gesamtmarkt. Mit 24% ist der Return on Equity fast dreimal so hoch wie im MSCI Europe (8,6%). Der geringe Verschuldungsgrad von rund 14% ist ebenso sehr attraktiv. Auch hier ist die Bewertung noch günstig, wie der Enterprise Value/EBIT von 12,6 sowie die hohe Dividendenrendite von 5,4% zeigen. Allerdings sind nicht alle Bewertungsrelationen extrem unterbewertet. Insofern handelt es sich bei Electrolux eher um eine Qualitätsaktie mit attraktivem Preis.

Insgesamt zielen wir auf die „Quadratur des Kreises“, also eine ausgewogene Mischung der Faktoren Bewertung und Qualität ab. Das Quoniam-Portfolio bietet damit eine attraktive Bewertung bei gleichzeitig überdurchschnittlicher Qualität der übergewichteten Unternehmen und vermeidet überteuerte Qualität genauso wie „Value traps“, also Unternehmen, die aus gutem Grund günstig sind.