Rentenmärkte 2021: Carry war das Maß aller Dinge
Inflation und die Notenbanken haben im abgelaufenen Jahr die Dynamik an den Rentenmärkten maßgeblich bestimmt. Während es auf der Zinsseite für Anleger kaum etwas zu holen gab, wurde bei den Unternehmensanlagen Risiko belohnt.
Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Portfolio Management
Wenn schon 2020 als ereignisreich in die Geschichte eingeht, so war 2021 nicht minder aufregend. Mehrere COVID-19-Wellen bremsten die wirtschaftliche Erholung teilweise wieder ab, im Jahresverlauf zog zudem die Inflation unerwartet stark an. Die US-Notenbank Federal Reserve reagierte und läutete einen Kurswechsel ein: Sie begann im Laufe des vierten Quartals 2021, die lockere Geldpolitik der vergangenen Jahre deutlich zu verschärfen und kündigte zudem für 2022 erste Zinserhöhungen an.
Vor allem für konservative Investoren blieben die Bedingungen 2021 insgesamt schwierig. Die Renditen bei Staatsanleihen sind nach wie vor niedrig und liegen weiterhin unterhalb der Inflationsrate. So lag in den USA die Verzinsung der 10-jährige Staatsanleihe am Jahresende bei 1,5 Prozent. In Deutschland bewegte sich die Verzinsung knapp im Minusbereich.
Dabei waren die Zinsen in den USA zu Beginn 2021 noch in der Erwartung steigender fiskalischer Stimuli durch den neuen US-Präsidenten Joe Biden massiv gestiegen. Der Zinsanstieg in den USA von 0,91 auf 1,74 Prozent – was zugleich das Jahreshoch bedeutete – ging einher mit einer massiven Versteilerung der Kurve, da die kurzfristigen Zinsen sich kaum veränderten. Seit Anfang April erholten sich dann die Anleihekurse, und die Zinsen legten entsprechend den Rückwärtsgang ein.
Zehnjahresrenditen in Deutschland und USA 2021
Inflation schießt hoch
Neue Dynamik kam im Jahresverlauf mit dem deutlichen Aufflammen der Inflation in den Markt. Die Sorge, dass die Preissteigerungen – wie zunächst mehrfach argumentiert – nicht nur von kurzfristiger Natur seien, führte schließlich im 4. Quartal des Jahres zu einer Verschärfung der Zentralbankpolitik in den USA.
Zu den ersten Schritten gehörte die Ankündigung der Fed, die Anleihenkäufe drastisch zurückzufahren, worauf der Bondmarkt mit einer Abflachung der Zinskurve reagierte. Konkret führte das beginnende Tapering zu massiv steigenden Zinsen am kurzen sowie fallenden Zinsen am langen Ende. Zudem bereitete die US-Notenbank die Märkte auf deutlich schnellere Zinserhöhungen über die nächsten zwei Jahre sowie eine spürbare Reduktion der Bilanz vor.
„Insgesamt dürfte sich die im Vergleich zu den USA deutlich laxere Geldpolitik in Europa im Jahr 2022 fortsetzen.“
Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Portfolio Management
Die Europäische Zentralbank tat sich dagegen schwer, eine geldpolitische Trendwende zu starten. Im Gegensatz zur Fed plant sie unserer Einschätzung nach keine Zinserhöhung im Jahr 2022. Zwar wird die EZB das Pandemie-Anleihe-Kaufprogramms PEPP Ende März 2022 beenden, dafür jedoch andere Programme aufstocken. Insgesamt dürfte sich damit die im Vergleich zu den USA deutlich laxere Geldpolitik in Europa fortsetzen.
Spreads in Europa und den USA fast im Einklang
Und wie haben sich 2021 die Spreads entwickelt? Seit dem Spätsommer zogen die Risikoprämien bei Euro-Unternehmensanleihen bester Bonität nach dem Abwärtstrend in der ersten Jahreshälfte wieder etwa an. Mit niedrigen Levels und zunehmender Unsicherheit über die weitere Zentralbankpolitik erreichten die Spreads dann Ende November das Jahreshoch bei 1,11 Prozent. Die Spreads der Pendants aus den USA wiesen einen ähnlichen Verlauf auf, wenn auch auf einem unterschiedlichen Level.
Die besten Sektoren in Europa waren 2021 zyklische Konsumgüter (-14 Basispunkte im Spread), Real Estate (-13 bp). Zu den schwächsten Branchen aus Spread-Sicht zählten Energie (+13bp), Banken (+7bp) sowie Versorger (+7bp).
Risiko wurde 2021 belohnt
Rückblickend für 2021 kann man klar konstatieren, dass es ein Carry-Markt war. Die Vereinnahmung der Anleihekupons war das Maß aller Dinge. Das bedeutet, wer stärker ins Risiko gegangen ist, wurde besser entlohnt. Konkret haben die Strategien, die beispielsweise hinsichtlich Laufzeiten oder Rating-Kategorien mehr gewagt haben, einen zusätzlichen Ertrag erzielt.
Ob auf den aktuellen Spreadniveaus allerdings diese Strategie angesichts rückläufiger Zentralbankunterstützung und der Reduzierung der Bilanzen auch 2022 erfolgreich sein wird, darf angezweifelt werden. Vor allem die Bewertungen an den Märkten für Unternehmensanleihen dürften das Potenzial für weitere, durch Spreadeinengung bedingte Gewinne begrenzen. Sinnvoll erscheint uns vielmehr eine ausgewogenere Positionierung mit der Abschöpfung verschiedener Alphaquellen.