Nachhaltigkeit objektiv bewerten: „Es geht darum, die wahren Auswirkungen des Wirtschaftens auf Umwelt und Gesellschaft zu erfassen.“
Wie kann man nachhaltiges Investieren objektiv messbar machen? Diese Frage stellen sich immer mehr institutionelle Investoren, die ihr Portfolio zukunftsfähig gestalten wollen. Gemeinsam mit Effectual Capital realisiert Quoniam einen bisher einzigartigen Investmentansatz, der auf der von Effectual entwickelten nachhaltigen Rendite aufbaut. Andreas Gintschel, Geschäftsführer von Effectual, und Jonathan Clenshaw, CSO & CMO von Quoniam, erläutern, was den Ansatz besonders macht.
Wie bewerten Sie den Impact des Effectual-Investmentansatzes im aktuellen Umfeld?
Andreas Gintschel: Bis heute fehlen objektive, nachvollziehbare und vollständige Kriterien für nachhaltiges Investieren. Nachhaltigkeit wird häufig subjektiv betrachtet. Effectual schafft mit der nachhaltigen Rendite einen Rahmen, der dem Anspruch der Objektivität gerecht wird und damit gerade institutionellen Investoren eine klare Orientierung für ihre Nachhaltigkeitsstrategie bietet.
Es gibt viele Nachhaltigkeitsstrategien im Markt. Was genau ist das Besondere an Ihrem Ansatz?
Andreas Gintschel: Viele der bisherigen nachhaltigen Investmentansätze reduzieren sich auf einen bestimmten Aspekt, zum Beispiel CO2. Für die nachhaltige Transformation der Wirtschaft greift das aber zu kurz. Neben dem CO2-Fußabdruck sind eine ganze Reihe weiterer Faktoren wie zum Beispiel Wasser- und Abfallintensität oder auch soziale Aspekte von Bedeutung. Zudem müssen nachhaltige Kriterien und Risiko-Rendite-Aspekte in Relation zueinander gesetzt werden. Man muss also große Komplexität managen. Und genau das liefern wir: Die Möglichkeit, objektiv die wirtschaftliche, ökologische und soziale Betrachtungsweise zusammenzuführen.
Auf Basis der Externalitäten-Theorie werden gesamtgesellschaftliche Kosten und Nutzen von Unternehmen erfasst. Woher kommt die Idee?
Andreas Gintschel: Die geht auf den britischen Ökonomen Arthur C. Pigou zurück, ist also in den Wirtschaftswissenschaften seit 100 Jahren bekannt und wird vielfältig angewandt – unter anderem in der Umweltökonomie. Dahinter steckt ein einfaches Prinzip: Die meisten Aktivitäten eines Unternehmens haben zu tun mit Produkten und Dienstleistungen, für die es Marktpreise gibt und die damit in die Wirtschaftlichkeitsrechnung einfließen. Was meist dort nicht berücksichtigt wird, sind gesamtgesellschaftliche Kosten, die ein Unternehmen verursacht, wie Luftverschmutzung oder Gender Pay Gap. Diese so genannten externen Effekte werden auf die gesamte Gesellschaft abgewälzt. Dies kann durch eine sogenannte Internalisierung ausgeglichen werden, zum Beispiel mittels einer steuerlichen Bepreisung von CO2-Emissionen. Übrigens kann es auch positive externe Effekte, also einen Nutzen für die Gesellschaft geben, wenn Unternehmen zum Beispiel ausbilden.
„Grundlage der nachhaltigen Rendite ist es, externe Effekte – also von Unternehmen verursachte gesamtgesellschaftliche Kosten oder Nutzen – mit realistischen Preisen zu belegen.“
Andreas Gintschel
Geschäftsführer Effectual
Jonathan Clenshaw: Übrigens gehen nicht nur wir diesen Weg. Wirtschaftsprüfer haben seit 2014 ähnliche Konzepte rund um Externalitäten entwickelt mit dem Ziel, das Nachhaltigkeits-Reporting von Unternehmen vergleichbarer zu machen. Zudem haben sich die Big Four der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sowie zahlreiche namhafte Unternehmen zur Value Balancing Alliance zusammengeschlossen und es sich zur Aufgabe gemacht, die Nachhaltigkeitsberichterstattung durch die Bewertung und Monetarisierung externer Effekte zu standardisieren. In dieser Allianz finden sich renommierte Namen wie BASF, BMW, Michelin oder Novartis.
„Es gibt mindestens “50 shades of green”. Unternehmen lassen sich nicht pauschal in grüne oder braune Schubladen stecken. Wichtig ist es, eine datenbasierte, ganzheitliche Bewertung vorzunehmen.“
Jonathan Clenshaw
CSO & CMO Quoniam
Wie berücksichtigen Sie Externalitäten im Investmentkonzept?
Andreas Gintschel: Wir bewerten die externen Effekte, die ein Unternehmen verursacht, monetär. Dazu sammeln und aggregieren wir aus vielfältigsten Quellen so viele Daten wie möglich zu den entstandenen Kosten bzw. Nutzen. Das Ganze wird dann in die „Portfoliomaschine“ von Quoniam eingespeist, um die nachhaltige Rendite zu berechnen. Diese setzt sich zusammen aus der klassischen Finanzrendite, korrigiert um die Externalitäten.
Wollen Sie damit im Alleingang die Welt verändern?
Andreas Gintschel: Das wäre vermessen. Wir glauben, dass unser ökonomisches, wissenschaftliches Modell einen Unterschied für die Akzeptanz von nachhaltigem Investieren machen kann. Dementsprechend hoffen wir sogar, dass die Grundidee Nachahmer findet und immer mehr Akteure so wirksam nachhaltig investieren.
Zu welchen Themen werden Daten einbezogen?
Jonathan Clenshaw: In der Strategie werden rund 15 Faktoren aus den Segmenten Treibhausgase, Luftschadstoffe, Abfall, Wasser, Arbeit, Bildung, Gesellschaft und Steuerehrlichkeit betrachtet.
Wird das perspektivisch um weitere Themen erweitert?
Andreas Gintschel: Ja, wir arbeiten daran, unter anderem Ausgaben für Forschung und Entwicklung, Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen sowie die Lieferketten-Thematik einzubeziehen.
„Es ging darum, einen objektiven, nachvollziehbaren und vollständigen Rahmen für nachhaltiges Investieren zu schaffen.“
Andreas Gintschel
Geschäftsführer Effectual
Was bringt Quoniam in die Zusammenarbeit ein, welche Rolle spielt Effectual?
Jonathan Clenshaw: Wer Nachhaltigkeit messen will, kommt an Big Data nicht vorbei. Bei der Effectual-Strategie führen wir über 500.000 Berechnungen pro Tag durch, betrachten etwa 16.000 Unternehmen und werten mehr als 1.000 Informationen pro Wertpapier von 27 Datenbanken aus. Die Methodik fügt sich modular in unseren systematisch-thematischen Investmentprozess ein: Effectual liefert uns eine Schätzung der Kosten oder des Nutzens für Umwelt und Gesellschaft in Bezug auf Externalitäten. Quoniam berechnet dann die traditionelle Finanzrendite und addiert oder subtrahiert die von Effectual gelieferten Externalitäten. Das Ergebnis bezeichnen wir als „nachhaltige Rendite“. Ziel der Strategie ist es, diese nachhaltige Rendite durch Über- und Untergewichtung von Unternehmen zu maximieren.
Was verbindet Quoniam und Effectual?
Jonathan Clenshaw: Uns eint der wissenschaftliche Ansatz. Wir handeln nicht aus dem Bauch heraus oder ideologisch, sondern lassen uns von der Wissenschaft leiten, um zu belastbaren Einschätzungen zu kommen.
Darüber hinaus sind wir beide Pioniere. Quoniam ist der Pionier des systematischen Investierens im deutschsprachigen Raum, Effectual ist der Pionier in der Umsetzung einer nachhaltigen Anlagestrategie auf Basis der Externalitätstheorie.
Diese Kooperation ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir unsere ESG-Datenexpertise auf die Bedürfnisse unserer Kunden zuschneiden, und wir freuen uns sehr, von Effectual als Partner für diese Zusammenarbeit ausgewählt worden zu sein.
„Effectual und uns verbindet, dass wir nicht nach Bauchgefühl oder Ideologie handeln, sondern faktenbasiert. Wir lassen uns von der Wissenschaft leiten, um zu belastbaren Einschätzungen zu kommen.“
Jonathan Clenshaw
CSO & CMO Quoniam
Andreas Gintschel: Das kann ich nur bestätigen. Bei Quoniam hatten wir vom ersten Treffen an das Gefühl, verstanden zu werden. Es gab sofort eine Vision, wie wir das gemeinsam umsetzen können.
Kann der Ansatz auch auf weitere Assetklassen angewandt werden?
Andreas Gintschel: Im Moment gilt unser ganzer Fokus dem Portfolio globaler Aktien im Effectual Capital Fund – Global Sustainable Equities. Aber grundsätzlich ist unser Ansatz auf andere Anlageklassen wie Fixed Income oder auch Private Markets erweiterbar.
Vielen Dank für das Gespräch.
Erfahren Sie mehr zum Effectual-Prinzip: