Credit Factor Investing als Lösung für die Kombination von Nachhaltigkeit und Outperformance
Wie wirken sich verschiedene nachhaltige Investmentansätze ex ante auf das Alpha eines Credit-Portfolios aus? Und was können Anleger tun, die sowohl Outperformance als auch eine nachhaltige Anlage in Credits anstreben? Credit Factor Investing bietet einen Rahmen und eine Lösung für beide Fragen.
Das Volumen der nach Nachhaltigkeitskriterien gemanagten Unternehmensanleiheportfolios ist in den letzten Jahren drastisch angestiegen. Immer mehr Portfolios berücksichtigen Nachhaltigkeitsziele, indem sie das Portfolio in Richtung höherer ESG-Bewertungen oder geringerem CO2-Fußabdruck ausrichten. Sie können Emittenten ausschließen, die gegen bestimmte Standards verstoßen, Einnahmen aus unerwünschten wirtschaftlichen Aktivitäten erzielen oder Positionen in Unternehmen aufstocken, die explizite Nachhaltigkeitsziele, wie etwa die Klimatransformation, als Hauptanlageziel verfolgen. Es bleibt jedoch eine Herausforderung, nachhaltiges Investieren (Sustainable Investing – SI) mit der Outperformance einer Credit-Benchmark zu verbinden.
Nachhaltigkeitskriterien können zu unerwünschten aktiven Sektorgewichten führen. Wenn wir beispielsweise mithilfe von Ausschlüssen die Anzahl der Produzenten fossiler Brennstoffe in einem Portfolio reduzieren, hängt die Performance des Portfolios von der Performance des Energiesektors ab. Solche Nachhaltigkeitskriterien haben daher einen zeitlich schwankenden Effekt auf die Wertentwicklung, der in einem Zeitraum negativ und in einem anderen positiv sein kann.
Darüber hinaus ist es für einen traditionellen fundamentalen Credit-Manager schwierig, die Auswirkungen einer Nachhaltigkeitskennzahl auf die Ex-ante-Performance zu schätzen, da die künftige Performance der betreffenden Sektoren und Anleihen unbekannt ist. Und während der Ex-post-Effekt durch den Vergleich der Performance von Portfolios mit und ohne Nachhaltigkeitskriterien geschätzt werden kann, ist dies für die Ex-ante-Performance-Schätzung nicht möglich. Quantitative Portfoliomerkmale bieten jedoch eine Möglichkeit, eine vernünftige Schätzung des Ex-ante-Alpha-Effekts zu erhalten.
Wie kann eine Faktor-Perspektive zur Schätzung der Auswirkungen von Nachhaltigkeitskriterien genutzt werden?
Der Investmentprozess von Quoniam umfasst den Aufbau von Credit-Portfolios mit spürbaren Exposures in systematischen Credit-Faktoren. Dieser Ansatz wird als „Credit Factor Investing“ bezeichnet. Wenn Sie mit Credit-Faktoren nicht vertraut sind, finden Sie nachfolgend weitere Erläuterungen.
Definitionen von Fixed Income-Faktoren
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Value
Günstige Anleihen schneiden besser ab als teure Anleihen. Unser Value-Signal ist die standardisierte Differenz zwischen dem Marktspread und unserer eigenen Fair-Value-Spread-Schätzung. Wir führen eine multivariate Regression mit verschiedenen erklärenden Variablen durch, um eine Fair-Value-Schätzung zu ermitteln.
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Momentum
Emittenten, deren Aktien in letzter Zeit eine starke Performance erzielt haben, sind ebenfalls aus Bondsicht interessant. Wir verwenden das Aktienmomentum für Unternehmensanleihen, da Studien zeigen, dass zwischen Aktien und Unternehmensanleihen eine „Lead-Lag“-Beziehung besteht und dass das Aktienmomentum eine Vorhersagekraft für Herabstufungen von Anleihen hat.
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Carry
Anleihen mit höheren Spreads und steileren Credit-Kurven erzielen eine höhere Rendite. Wir fassen Spread und Spread-Rolldown in einem Signal zusammen. Dementsprechend konzentrieren wir uns nicht nur auf die höhere Rendite, sondern auch auf die zusätzlichen höheren Rolldown-Renditen von Anleihen an steileren Stellen der Kurve.
Wir verwenden systematische Faktoren wie Value, Momentum oder Carry, um ein Portfolio von Unternehmensanleihen zu erstellen. In der Regel werden diese Faktoren zu einem sogenannten Multifaktor-Signal kombiniert, das bei der Portfoliokonstruktion als Alpha-Schätzung verwendet wird. Im Gegensatz zu den Auswirkungen von Nachhaltigkeitsfaktoren auf die Rendite gibt es starke empirische Belege dafür, dass ein höheres Faktor-Exposure in einem Portfolio zu höheren erwarteten Renditen führt. Abbildung 1 beschreibt diese Beziehung.
Abbildung 1: Globale IG-Credit-Multifaktor-Quintil-Portfolios
Das Portfolio, das die 20% der Anleihen mit dem höchsten Faktor-Exposure enthält, Quintil 5, weist im Zeitverlauf die beste Performance auf (Abbildung 1). Die Performance sinkt mit jeder Verringerung des Multifaktor-Exposures. Das mittlere Quintil, Quintil 3, entwickelt sich im Einklang mit dem Markt, während Quintil 2 und Quintil 1 schlechter abschneiden als der Markt.
Wie können wir die Auswirkungen von Nachhaltigkeitskriterien in der Praxis einschätzen?
Wir können den Faktoransatz nutzen, um die Auswirkungen verschiedener Nachhaltigkeitsansätze auf das erwartete Alpha abzuschätzen. Das heißt, wir erstellen ein neues Portfolio entsprechend dem Nachhaltigkeitsziel des Kunden, z. B. 20% weniger CO2-Emissionen, und berechnen das Faktor-Exposure des Portfolios. Anschließend vergleichen wir es mit dem ursprünglichen Portfolio des Anlegers und werten den Unterschied in den Ex-ante-Performanceerwartungen aus.
Um den Alpha-Effekt verschiedener Nachhaltigkeitsmaße zu schätzen, konstruieren und vergleichen wir mehrere Corporate-Bonds-Portfolios. Wir konstruieren zunächst ein Portfolio ohne Nachhaltigkeitseinschränkungen und fügen diese dann mit zunehmender Stringenz hinzu. Für alle Portfolios berechnen wir das Exposure gegenüber dem Multifaktor-Signal als Maß für das Ex-ante-Performancepotenzial. Um realistische Portfolios zu simulieren, beschränken wir die Abweichungen von einer Standard-Benchmark in Bezug auf Duration, Kreditrisiko, Kasse, aktives Sektor-Exposure und die maximale Gewichtung pro Emittent.
Wir berücksichtigen die folgenden Nachhaltigkeitsmetriken und -anforderungen:
- den branchenbereinigten Score (Industry-Adjusted Score – IAS) von MSCI,
- den CO2-Fußabdruck des Portfolios (Scope I+II),
- und ein Mindestanteil an Green Bonds
Wir wenden zunehmend restriktivere Beschränkungen an und messen die Auswirkungen auf das Faktor-Exposure des Portfolios.
Wo liegen die Trade-Off-Grenzen?
Die Ergebnisse unserer Berechnungen sind in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Abwägung zwischen Multifaktor-Exposure und Nachhaltigkeitsmaßnahmen
Die Grafiken zeigen einen Trade-off zwischen Multifaktor-Exposure und Nachhaltigkeitskriterien, der Trade-off ist bei moderaten Niveaus der jeweiligen Nachhaltigkeitsvariablen jedoch gering. Für den IAS-Score in Panel A führt eine uneingeschränkte Optimierung des Multifaktorsignals derzeit zu einem Portfolio mit einem durchschnittlichen IAS-Score von 6,4 und einem Multifaktor-Score von 1,3. Wird das Portfolio auf einen höheren Wert von 7,6 gesteuert, ist der Verlust beim Multifaktor-Exposure mit 1,2 moderat. Erst wenn der Score noch höher liegt, nämlich bei 8 und darüber, wird der Verlust beim Multifaktor-Exposure deutlicher.
Der CO2-Fußabdruck in Panel B zeigt, dass selbst starke Senkungen von 60% und mehr nicht zu einem signifikanten Verlust des Multifaktor-Exposures führen. Bei der Green-Bond-Quote in Panel C ist der Trade-off deutlicher sichtbar. Während keine Beschränkungen des Portfolios derzeit zu einer Green-Bond-Position von 8% führen, führt eine Position von 30%, 50% und 70% zu Multifaktor-Scores von 1,2, 1,0 bzw. 0,8. Auch hier gilt, dass eine moderate Position das Alphapotenzial nicht signifikant verändert, größere Positionen sich jedoch negativ auf die Ex-ante-Performanceerwartungen auswirken.
Die Ergebnisse liefern noch eine weitere Erkenntnis. Für Anleger, die sich in einem Credit-Portfolio auf Nachhaltigkeit konzentrieren, wird eine systematische und konsistente Outperformance möglich, wenn sie einen systematischen Faktoransatz verfolgen. Wie aus Abbildung 2, Panel C hervorgeht, können Anleger, die mindestens 50% Green Bonds in ihren Portfolios haben möchten, ein Multifaktor-Portfolio mit einem Score von 1 implementieren, was etwa 75% des Exposures im Vergleich zu dem Fall ohne obligatorische Allokation in Green Bonds entspricht. Obwohl das erwartete Alpha etwas geringer ist, besteht immer noch ein erhebliches Potenzial für eine Outperformance gegenüber dem Markt.
Anleger, die einen nachhaltigen Investmentansatz mit Credit Factor Investing kombinieren, haben daher mehrere Vorteile:
- Durch ein systematisches Faktor-Exposure im Portfolio kann mittelfristig eine Outperformance gegenüber dem breiten Markt erzielt werden.
- Der Ex-ante-Effekt jedes ESG-Kriteriums in Bezug auf die Auswirkungen auf das erwartete Alpha kann mit angemessener Genauigkeit angegeben werden.
- Verschiedene Nachhaltigkeitsmaßnahmen können hinsichtlich ihrer Ex-ante-Auswirkungen auf die Alpha-Erwartungen verglichen werden.
- Unsere Untersuchungen zeigen, dass der MSCI ESG IAS-Score eines Investment-Grade-Credit-Portfolios von 6,4 auf 7,2 erhöht werden kann, ohne dass sich das Alpha-Potenzial, ausgedrückt durch den Multifaktor-Score, nennenswert verringert. Ebenso verändert eine 30-prozentige Position in Green Bonds das Alpha-Potenzial des Portfolios nicht wesentlich.
Schlussfolgerung
Wir zeigen, dass qualitative Bewertungen der Auswirkungen verschiedener Nachhaltigkeitsmaße auf die Ex-ante-Alpha-Erwartung mit Hilfe eines systematischen Factor-Investing-Ansatzes beim Management von Unternehmensanleihen vorgenommen werden können. Nachhaltigkeits-Tilts und Faktor-Exposures sind kompatibel und beide Ziele, eine Standard-Benchmark zu übertreffen und ein Nachhaltigkeitskriterium in das Portfolio aufzunehmen, können mit moderaten Kompromissen erreicht werden. Investoren mit einem Nachhaltigkeitsfokus müssen ihr Outperformance-Ziel nicht aufgeben, wenn sie Factor Investing einsetzen. Die Ergebnisse zeigen, dass systematische Ansätze gut geeignet sind, um SI-Strategien umzusetzen und gleichzeitig eine Outperformance zu erzielen.
Unsere ausführliche Studie über das Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und systematischen Credit-Faktor-Exposures finden Sie hier: