Quoniam Research-Seminare bauen eine Brücke zwischen Theorie und Praxis

Akademische Forschung gibt es reichlich, aber funktionieren diese Theorien auch in realen Portfolios? Das Research-Team von Quoniam hat eine neue Seminarreihe ins Leben gerufen, um den Austausch zwischen Finanzwissenschaftlern und Quant-Profis zu fördern. Zur Halbzeit reflektiert Dr. Tamas Barko, Organisator der Vortragsreihe, über die Erkenntnisse aus den ersten Sessions und die Vorteile der Zusammenarbeit mit Hochschulen für forschungsorientierte Asset Manager.

Welche Intention hattest du bei der Entwicklung des Konzepts der Quoniam Research-Seminare (QRS)?

Das Research von Quoniam konzentriert sich auf die Identifizierung wissenschaftlich fundierter Performancefaktoren und deren Anwendung auf reale Portfolios. Wir sind keine Stockpicker, sondern nutzen Daten, um beispielsweise die Profitabilität eines Unternehmens oder den fairen Wert einer Aktie oder Anleihe zu bewerten. Unsere datengestützten Einschätzungen werden aggregiert, um breit diversifizierte Portfolios zu konstruieren. Dieser Ansatz wird als systematisches oder quantitatives Investieren bezeichnet.

Während Value und Quality seit Jahrzehnten bekannte Performance-Treiber sind, sind wir als datengetriebene Researcher kontinuierlich auf der Suche nach neuen Renditequellen. So ist zum Beispiel der Wert des Patentportfolios eines Unternehmens ein Aspekt des Quality-Faktors. Einige Renditequellen lassen sich nicht in Kennzahlen fassen, wie es bei traditionelleren Faktoren wie der Eigenkapitalrendite der Fall ist. So stützt sich beispielsweise die Analyse der Nachrichtenstimmung auf Machine-Learning-Techniken. Für uns ist es wichtig, der Zeit voraus zu sein und von neuen Erkenntnissen zu erfahren, bevor sie in Fachzeitschriften veröffentlicht werden. Der wissenschaftliche Veröffentlichungsprozess kann langwierig sein, so dass es ein Wettbewerbsvorteil ist, frühzeitig über die neuesten Entwicklungen in der akademischen Forschung informiert zu sein.

Wie wählst du die Themen aus?

Wir laden Referenten ein, deren Forschungsthemen unseren eigenen Interessen entsprechen – die genauen Themen werden jedoch nicht von uns ausgewählt. Der eingeladene Referent entscheidet allein über den Inhalt seines Vortrags. Die Erstellung einer Shortlist potenzieller Referenten ist eine Teamleistung. Wir halten einfach die Augen offen bei den verschiedenen Veranstaltungen, die wir besuchen. Ich werde zum Beispiel auch in diesem Jahr wieder an der Konferenz der European Finance Association, der größten europäischen Konferenz für Finanz-Research, teilnehmen – dort gibt es viele Möglichkeiten, mit interessanten neuen Referenten in Kontakt zu kommen.

  • Florian Weigert – Université de Neuchâtel
    Performance von Publikumsfonds mit Machine Learning vorhersagen

    Florian Weigert von der Université de Neuchâtel erklärte, wie man die Performance von Publikumsfonds mit Machine Learning vorhersagen kann. Zusammen mit seinen Forscherkollegen fand er heraus, dass man nicht nur die besten, sondern auch die schlechtesten US-Publikumsfonds zuverlässig vorhersagen kann, und dass die Prädiktoren sowohl Fondseigenschaften als auch frühere Performance-Kennzahlen umfassen.

  • Ran Xing – Universität Stockholm und dem Swedish House of Finance
    Karrierebedenken und Anlagehorizonte von Fondsmanagern

    Ran Xing von der Universität Stockholm und dem Swedish House of Finance stellte seine Forschungsarbeit über die Karrierebedenken und Anlagehorizonte von Fondsmanagern vor. Er formulierte ein Modell, das zeigt, dass junge, unerfahrene Fondsmanager kurzfristige Anlagen mit hohem Umsatz bevorzugen, da diese Art von Investitionen ihren Lernprozess beschleunigen, eigene Fähigkeiten aufzeigen und diese gegenüber Investoren schneller signalisieren. Umgekehrt neigen erfolgreiche, erfahrene Manager dazu, später in ihrer Karriere größere Fonds mit geringerem Umsatz zu verwalten.

  • Esad Smajlbegovic – Erasmus-Universität Rotterdam
    Verhältnis zwischen Leerverkäufen und Aktienrenditen

    Esad Smajlbegovic von der Erasmus-Universität Rotterdam hielt vor Ort ein Seminar über seine Forschungen zum Verhältnis zwischen Leerverkäufen und Aktienrenditen. Das vorgeschlagene neue Maß, die „Überraschung“ bei den Leerverkäufen, spiegelt Veränderungen bei den Positionen der Short Seller wider, scheint aber auch ein signifikanter Prädiktor für künftige Aktienrenditen und Fundamentaldaten der Unternehmen zu sein. Die Forscher argumentieren, dass die Ergebnisse einerseits zeigen, dass Short Seller tatsächlich informierte Händler sind. Andererseits gibt es einen signifikanten Verankerungseffekt in Bezug darauf, wie der durchschnittliche Anleger unterreagiert, weil er sich auf die vergangenen „Niveaus“ der Leerverkäufe konzentriert.

  • Markus Ibert – Copenhagen Business School
    Renditeerwartungen von Asset Managern deutlich von denen der Privatanleger unterscheiden

    Wir hatten das Vergnügen, Markus Ibert von der Copenhagen Business School in unserem Frankfurter Büro begrüßen zu dürfen. Markus Ibert erläuterte, warum sich die Renditeerwartungen von Asset Managern seinen Untersuchungen zufolge deutlich von denen der Privatanleger unterscheiden. Die Renditeprognosen der Profis sind antizyklisch, d.h. hoch, wenn die Bewertungen niedrig sind. Die in der Studie befragten Asset Manager richten ihre Kapitalallokation nach diesen Prognosen aus.

  • Glen Gostlow – London School of Economics and Political Science (LSE) und der Universität Zürich
    Bepreisung physischer Klimarisiken

    Glen Gostlow, der an der London School of Economics and Political Science (LSE) und der Universität Zürich tätig ist, hielt eine Online-Präsentation über seine Forschungsarbeiten zu den Schwierigkeiten bei der Bepreisung physischer Klimarisiken. Seine Analyse zeigt, dass verschiedene extreme Wetterereignisse unterschiedlich hohe Risikoprämien erfordern. Während das Hurrikan-Risiko eine positive Risikoprämie aufweist, ist sie für Hitzestress negativ, während Niederschläge und der Anstieg des Meeresspiegels keine Risikoprämie erfordern. Insgesamt scheint der eingepreiste Anteil des Klimarisikos gering zu sein und liegt zwischen 8 % und 38 % der Gesamtschwankungen.

Welche Auswirkungen hatten die Sitzungen auf dich und das gesamte Quoniam-Team?

In den Seminaren konnten wir von lebhaften Diskussionen zwischen akademischen Forschern und unseren Research-Forecasts- und Portfolio-Management-Teams profitieren. Diese kritischen und konstruktiven Diskussionen helfen uns, unsere Arbeit zu verbessern und neue Perspektiven zu gewinnen. Eine Diskussion drehte sich beispielsweise um den Umgang mit statistischen Ausreißern und Überraschungen. Unser üblicher Ansatz unterschied sich von dem des Referenten, aber es war inspirierend zu sehen, wie wir schließlich alle Facetten des Problems unter einen Hut bringen konnten. Gleichzeitig wurden in einigen Teilen der Sessions auch unsere bestehenden Konzepte, die von uns verwendeten Faktordefinitionen oder die von uns entwickelten Forschungsideen bestätigt, was unser Vertrauen in das, was wir als Team tun, sehr gestärkt hat.

Was hat dich am meisten inspiriert?

Für mich war es sehr inspirierend zu sehen, wie viele Überschneidungen es zwischen unserer täglichen Arbeit und den Forschungsinteressen führender Akademiker gibt. Manchmal ist es schwierig, auf Anhieb zu erkennen, was die akademische Forschung mit der täglichen Praxis quantitativer Asset Manager verbindet, da die Erfolgskriterien recht unterschiedlich sind. Während der QRS-Veranstaltungen habe ich jedoch gelernt, dass die Akademiker und unser Team Probleme auf ähnliche Weise angehen: Die zugrundeliegende wirtschaftliche Argumentation, die Modellentwicklung und die letztendliche Datenanalyse sind nahezu identisch, ob für eine wissenschaftliche Arbeit oder für unser nächstes Produkt. Unsere wissenschaftliche und fachliche Genauigkeit kann sich durchaus mit der Arbeit von Akademikern an Spitzenuniversitäten messen.

Einige der auf den Research-Seminaren vorgestellten Paper befassen sich mit qualitativen Themen oder der Verhaltensforschung, wie z. B. den Karrierefragen von Fondsmanagern. Inwiefern ist dies für Quoniam als systematischer Manager relevant?

Wir sind immer daran interessiert, unsere eigene Voreingenommenheit als Quant zu hinterfragen und das Wettbewerbsumfeld zu verstehen. Einblicke in die Arbeitsweise der Branche geben uns die Möglichkeit, unsere eigene Position zu reflektieren. So wurde in einem der Paper ein Vergleich zwischen Asset Managern und Retail-Anlegern angestellt und festgestellt, dass Asset Manager viel rationaler und weniger emotional gesteuert sind – eine Bestätigung für alle professionellen Asset Manager.

Für uns ist es auch interessant, neue Erkenntnisse aus dem Bereich Behavioral Finance kennenzulernen, da wir Aspekte daraus in einige unserer Research- und Investmentansätze einfließen lassen. Ein Beispiel ist unsere Multi-Asset-Strategie, die unstrukturierte Daten nutzt, um die Stimmungslage in den aktuellen Nachrichten zu erfassen.

Welchen Nutzen haben die Vortragenden von der Teilnahme an den Research-Seminaren?

QRS ist ein echter Austausch von Ideen. Während der Diskussionen geben wir Feedback zu den Präsentationen aus der Sicht eines Praktikers. So erörtern wir beispielsweise häufig die Durchführbarkeit oder die Kostenauswirkungen des akademischen Ansatzes. Unsere Expertise und unser Feedback fließen in den Diskussionsteil der vorgestellten Research Papers ein.

Natürlich gibt es auch den Aspekt des Networking – es ist immer hilfreich, seine Kontakte zu erweitern, zum Beispiel wenn Praktiker für ein zukünftiges akademisches Forschungsprojekt benötigt werden oder wenn wir als Praktiker akademischen Rat suchen, wenn wir eine Änderung unseres Investmentmodells in Frage stellen.

Zudem unterstützen wir unsere Gastredner, indem wir die Inhalte während des QRS auf LinkedIn teilen, da dies die Sichtbarkeit der akademischen Arbeit erhöht.

Kannst du uns einen Ausblick auf die im Herbst anstehenden Seminare geben?

Bisher sind drei Seminare bestätigt. Anfang September findet eine Online-Session mit Wei Wu von der Texas A&M University statt. Am 26. September wird Michael Weber von der University of Chicago Booth School of Business zu uns nach Frankfurt kommen. Mitte Oktober wird Chelsea Yao von der Lancaster University ebenfalls ein Seminar in unserem Büro abhalten. Weitere Veranstaltungen werden voraussichtlich noch bestätigt.

Danke für die interessanten Einblicke, Tamas!

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