Expertengespräch Big Data: „Wir wollen den Informationsvorsprung bei unstrukturierten Daten behalten“

Im Gespräch mit Markus Ebner, Head of Multi-Asset bei Quoniam Asset Management.

Herr Dr. Ebner, es heißt ja oft, Daten sind das neue Öl oder das neue Gold. Würden Sie einen Schritt weitergehen und sagen, Big Data ist sogar noch wertvoller?

Ja, diese Einschätzung würde ich teilen. Die Daten­­menge ist in den vergangenen Jahren viel größer geworden, gleich­zeitig hat sich die Verfügbar­keit stark verbessert. Und aus diesen Daten lässt sich sehr viel machen, man denke nur an ziel­gerichtete Web-Werbung. Aber auch im Asset Management stehen uns jetzt Daten­quellen und -inhalte zur Verfügung, die bis vor einigen Jahren gar nicht zugänglich waren.

Wie verändert das Ihre tägliche Arbeit?

Als quantitativer Manager haben wir bislang Quellen wie Datastream oder Bloomberg genutzt, um Prognosen für Einzel­werte oder Märkte zu generieren. Neu ist jetzt der strukturierte Zugang zu sogenannten unstrukturierten Daten, wie beispielsweise News-Artikel. Hier übernehmen immer mehr Daten­anbieter die Vor­arbeit, das heißt, sie filtern die News nach bestimmten Begriffen. Von dieser Vor­auswahl profitieren wir dann.

„Der Vorteil der unstrukturierten Daten ist die Aktualität, so bekommen wir die Marktstimmung eins zu eins mit.“

Dr. Markus Ebner
Head of Multi-Asset

Was sind die Vorteile der unstrukturierten Daten für das Asset Management?

Die Daten sind zumeist viel aktueller als klassische Research-Daten, so bekommen wir die Markt­stimmung eins zu eins mit. Das Ziel lautet schließlich vor allem, Informationen zu erhalten, die noch nicht in den Kursen eingepreist sind. Wir haben festgestellt, dass Prognosen von bestimmten Märkten wie etwa Spanien sich verbessern, wenn wir Stimmungs­faktoren einbeziehen, die auf unstrukturierten Daten basieren. So verstehen wir die aktuelle Wirtschafts­lage und ihre zukünftige Entwicklung besser. Und dies bildet die Grund­lage für mittel­fristige Investitions­entscheidungen.

Aber es gibt doch riesige Mengen an Rohdaten. Wie erfolgt die Auswertung und vor allem die Bewertung, was als Investment-Signal taugt und was nicht?

Wir arbeiten aktuell mit zwei Daten­anbietern zusammen, zum einen RavenPack, zum anderen mit GDELT, die beide weltweit Medien aus unter­schiedlichen Perspektiven beobachten und Artikel nach Themen, Ländern, Unternehmens­namen und ähnlichem sortieren. Je nach Asset­klasse haben wir verschiedene Themen­gebiete aggregiert, in die wir die Daten einordnen. Daraus bilden wir Zeit­reihen und können erkennen, wie sich die Stimmung pro Land und Asset­klasse entwickelt. Und daraus leiten wir dann Handels­signale ab.

Was ist das Innovative am Ansatz von Quoniam? Was machen Sie dabei anders als andere Häuser?

Unsere Stärke bei Quoniam ist es, relevante Themen­gebiete zu identi­fizieren und daraus dann Handels­signale abzuleiten. Wir haben mittler­weile einen acht­jährigen Erfahrungs­schatz auf­gebaut, das unter­scheidet uns von anderen Anbietern. Abgesehen von der Hedgefonds-Welt sind wir der erste Quant-Manager, der eine konkrete Strategie anbietet, die rein auf unstrukturierten Daten basiert.

„Bei Quoniam nutzen wir die Daten erst, wenn wir sicher sind, dass die Quelle robust genug ist und wir die Daten­quellen, auf die wir uns beziehen, auch verstehen.“

Dr. Markus Ebner
Head of Multi-Asset

Warum nutzen Sie keine Informationen aus sozialen Medien?

Aktuell arbeiten wir mit reinen News-Artikel-Anbietern zusammen. Damit fühlen wir uns sicher und haben das Gefühl, den Prozess unter Kontrolle zu haben. Uns bei Quoniam ist die akademische Heran­gehens­weise wichtig, das heißt, wir nutzen die Daten erst, wenn wir sicher sind, dass die Quelle robust genug ist und wir die Daten­quellen, auf die wir uns beziehen, auch verstehen. Aber wir werden uns weiterhin Daten­anbieter anschauen, ob sie für uns einen Mehr­wert generieren können. Insofern können wir uns in den nächsten Jahren durchaus auch eine Daten­nutzung aus sozialen Medien vorstellen.

Werden mittel- bis langfristig unstrukturierte Daten alle Anlageentscheidungen maßgeblich beeinflussen?

Nein, ich glaube persönlich, dass es auch weiter­hin Fonds­manager geben wird, die gegen den Strom schwimmen und beispiels­weise trotz einer vermeintlich guten Stimmung gegen einen bestimmten Markt wetten. Aber ich bin überzeugt, dass wir gerade im quantitativen Bereich mit so einem systematischen Ansatz noch deutlich besser die aktuelle Markt­situation abgreifen können.

Wie sehen Sie die Zukunft der Datenverarbeitung? Welche Rolle spielt dabei Ihr Haus?

Wir müssen weiter­hin ahead of the curve bleiben. Aktuell sind wir bei Quoniam auf dem Gebiet ganz klar der Vor­reiter. Und wir arbeiten daran, das zu bleiben, schließlich stecken in den Daten Informationen, mit denen man, salopp gesagt, Geld verdienen kann. Andere Asset Manager erkennen das natürlich auch und werden versuchen, die verschiedenen Daten­quellen anzuzapfen, so dass der Wett­bewerb in diesem Bereich zunehmen wird. Unsere Heraus­forderung besteht darin, neue Daten­quellen zu finden, die wir analysieren und nutzen können, um weiter­hin vorne zu bleiben und den Informations­vorsprung bei unstrukturierten Daten gegenüber anderen Asset Managern zu behalten.

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