Marktkommentar Anleihen: Wird unter Donald Trump jetzt alles anders?

Das Wahlergebnis im November 2024 mit dem Sieg von Donald Trump stellte eine Zäsur an den Märkten dar. US-Risiko-Assets stellten in ihrer Performance Europa in den Schatten, wo die Sorge über eine protektionistischere Politik die Zinsen nach unten trieb. Dr. Harald Henke beleuchtet Chancen und Risiken der neuen Regierung und die Auswirkungen auf die Fixed-Income-Märkte.

Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Strategy

US-Wahlergebnis

Die US-Wahl war das dominierende Thema an den Kapitalmärkten im letzten Quartal des Jahres 2024. Donald Trump gewann nicht nur die Mehrheit der Wahlmänner einschließlich aller Swing States und die Mehrheit aller Stimmen, sondern kann auch ohne Kompromisse mit dem Kongress durchregieren, da die Republikaner die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus gewannen.

Trumps Programm – und wieviel davon nach der Wahl tatsächlich und in welcher Weise umgesetzt wird – ist Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Werden Steuersenkungen für Unternehmen und Privatpersonen kommen, die Wettbewerbsfähigkeit und Konsum ankurbeln? Wie wird ein weiterer Anstieg des während Trumps erster Amtszeit und unter Biden bereits explodierenden Haushaltsdefizits verhindert? Wie erfolgreich werden die Bemühungen unter Elon Musk, die ausufernden Staatsausgaben in verschiedensten Behörden einzudämmen? Und welche Auswirkungen haben diese Maßnahmen auf die Inflationsraten?

Wird die US-Wirtschaft tatsächlich aufblühen durch Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, sei es durch Erleichterungen und Subventionierung von Investitionen, Aufhebung von Regulierung (Ölbohrungen) oder Einschränkung der Konkurrenz (Zölle). Und wird eine Pro-Innovations-Politik (z.B. Crypto) den US-Vorsprung im Technologiesektor weiter ausweiten?

Und schließlich: Wird es Donald Trump gelingen, die durch Sanktionen und Konfiszierungen ins Rollen gekommene Flucht aus dem Dollar zu stoppen, oder werden wir wieder einen Handelskrieg mit China sehen? Welche geopolitischen Initiativen wird die Trump-Regierung starten? Und wie wird sie mit dem Thema Zuwanderung umgehen?

Marktreaktion

Die Märkte reagierten sehr deutlich auf das Wahlergebnis. Während die US-Zinsen zunächst anstiegen, sich dann aber relativ schnell stabilisierten, legten die Zinsen in Europa den Rückwärtsgang ein.

Abbildung 1: Zinsentwicklung in den USA und Europa
Quelle: Bloomberg L.P.

Wie aus der Abbildung ersichtlich, fluktuierten die US-Renditen nach der Wahl, bevor sie Ende November moderat fielen und im Dezember wieder kletterten. Die deutschen Zinsen fielen nach dem Wahlergebnis hingegen deutlich um 40 Basispunkte, und auch der allgemeine Zinsanstieg im Dezember konnte die Zinsen nicht auf das ursprüngliche Niveau zurückbringen.

Europäische Investoren befürchten, dass eine protektionistischere US-Handelspolitik die Absatzchancen europäischer Unternehmen in den USA eintrüben und weiteren Abwärtsdruck auf die Konjunktur in Europa auslösen könnte. Dies dürfte die EZB dazu bewegen, stärker als zuvor erwartet die Zinsen zu senken. Entsprechend sehen die Marktteilnehmer den EZB-Leitzins Ende 2025 bei unter 2 %.

In den USA ist hingegen die Unsicherheit gestiegen, was den weiteren Verlauf der Zinsentwicklung angeht. Führen protektionistischere Handelsmaßnahmen und ein durch Zuwanderungsbeschränkungen verknapptes Arbeitskräfteangebot zu Inflation? Oder bleiben die Inflationsraten niedrig und der Spielraum der neuen US-Regierung hoch?

Die US-Zentralbank senkte im Dezember die Zinsen um 25 Basispunkte, ist aber vorsichtiger, was den weiteren Zinspfad angeht. Die veröffentlichten Dot-Plots der Fed zeigen dies:

Abbildung 2: Dot-Plots der Federal Reserve
Quelle: Federal Reserve, Bloomberg L.P.

Wie ersichtlich, hat sich die Einschätzung der Fed-Mitglieder bezüglich dem zukünftigen Zinspfad von der September-Befragung zur Dezember-Befragung deutlich verändert. Für 2025 und 2026 werden jetzt zwei Zinsschritte weniger nach unten erwartet als noch vor einem Quartal. Dies zeigt die größere Unsicherheit, mit der sich die Fed konfrontiert sieht. Interessant ist auch, dass für 2027 die Zinserwartungen Quartal für Quartal gestiegen sind. Diese spiegeln die anhaltende Diskussion wieder, ob nicht längerfristig höhere Zinsen als in der Vergangenheit benötigt werden, um eine neutrale Geldpolitik zu fahren.

Sehr deutlich reagierten auch die Credit Spreads. Während in US IG und HY Credit die Spreads zu einer starken Rallye ansetzten, sah Europa Spread-Ausweitungen. Erst mit dem freundlichen Marktumfeld im Dezember schlossen sich die europäischen Märkte dem US-Trend an.

Abbildung 3: Credit Spreads für High Yield und IG – Unterschiede zwischen Europa und den USA
Quelle: Bloomberg L.P.

Wie die Abbildung zeigt, reagierten die US-Märkte euphorisch. IG-Spreads fielen trotz des niedrigen Niveaus von 83 Basispunkten um 9 auf 74 Basispunkte. US-HY-Spreads fielen sogar um mehr als 20 Basispunkte. In Europa hingegen stiegen die IG-Spreads um 9 Basispunkte auf 1,08 % an. Dieser Unterschied reflektiert zum einen die Euphorie in den USA über eine erwartete gezielt wirtschaftsfördernde Politik, zum anderen die Angst in Europa, ins Fadenkreuz protektionistischer Maßnahmen zu kommen und beim Wirtschaftswachstum von den USA weiter abgehängt zu werden.

Womit ist für 2025 zu rechnen?

Entscheidend wird für die weitere Entwicklung der Märkte sein, welche Politik die neue Regierung wählt und welche Auswirkungen diese auf Wachstum und Inflation hat:

  • Die Inflation würde nach oben getrieben, wenn das Haushaltsdefizit durch Steuersenkungen ohne entsprechende Ausgabenkürzungen weiter steigen würde. Ebenso würde eine radikale Abschiebungspolitik vermutlich Druck auf den Arbeitsmarkt ausüben und Löhne nach oben treiben. Sollte die Regierung zudem erfolgreich sein im Versuch, das Wirtschaftswachstum zu stärken, könnte Inflationsdruck zunehmen. In diesem Fall dürfte die Fed Pläne für weitere Zinssenkungen zusammenstreichen und im Extremfall sogar wieder Richtung Zinserhöhungen tendieren.
  • In einem positiven Szenario sinkt das Haushaltsdefizit durch geringere Steuersenkungen, höheres Wachstum oder Kürzung der Staatsausgaben. Die Politik ist nicht zu offensiv, was Risikofaktoren für Arbeitsmarkt und Handelsbeziehungen betrifft, und das Wachstum ist positiv, ohne die Wirtschaft zum Überhitzen zu bringen. Kombiniert mit moderaten Inflationsraten könnte dies die Fed bewegen, die Zinsen weiter zu senken und monetäre Unterstützung für die Volkswirtschaft zu bringen.

Im ersten Szenario dürften wir steigende Zinsen und unterstützte Spreads sehen. Letztere würden bei restriktiverer Geldpolitik aber unter Druck geraten. Das zweite Szenario bietet Credit-Investoren optimale Bedingungen und dürfte dafür sorgen, dass 2025 als drittes Jahr in Folge ein starkes Credit-Jahr wird. Die ersten Wochen der neuen Regierung dürften schnell zeigen, wohin das Pendel ausschlagen wird. Uns steht wieder ein spannendes Quartal bevor.


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