Credit-Performance im Sommer 2022

Trotz fallender Credit Spreads erzielten die Manager von Unternehmensanleihen im Juli 2022 eine durchschnittliche Underperformance, während sie im August 2022 trotz steigender Spreads eine Outperformance erzielten. Was steckt hinter diesem ungewöhnlichen Performance-Muster?

 

Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Strategy

Marktverschiebungen im Sommer 2022

Die Sommermonate Juli und August 2022 waren durch starke Spread- und Zinsbewegungen gekennzeichnet. Dies war nirgendwo so präsent wie bei Unternehmensanleihen im Euro Investment Grade (IG). Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Euro IG-Spreads und der deutschen Zinsen in den letzten Monaten.

Abbildung 1: Credit Spreads und Zinssätze im Sommer 2022
Quelle: Bloomberg L.P.

Im Juli erholten sich die Euro IG-Credit Spreads nach der Ausweitung im Juni deutlich und fielen um 31 Basispunkte von 2,18% auf 1,87%. In der ersten Augusthälfte setzte sich diese Erholung mit einer weiteren Einengung der Spreads um 8 Basispunkte auf 1,79% fort, bevor sich dieser Trend umkehrte und die Spreads im Vergleich zu Ende Juli um 15 Basispunkte auf 2,02% stiegen. Auch die deutschen Zehnjahreszinsen zeigten im Juli eine starke Entwicklung und fielen um 54 Basispunkte auf 0,82%, stiegen aber im August wieder um 72 Basispunkte auf 1,54%.

Erwartete Performance in einem solchen Umfeld

Traditionell erzielen aktive, fundamental ausgerichtete Credit-Manager in Zeiten sinkender Spreads tendenziell eine Outperformance und in Zeiten steigender Spreads eine Underperformance. Wir haben kürzlich gezeigt, dass dieses Muster bei fundamental gemanagten Credit-Portfolios weit verbreitet ist. Die folgende Grafik stammt aus der oben genannten Veröffentlichung und zeigt die Beziehung zwischen Marktspread-Veränderungen und fundamental gemanagten Credit-Portfolios.

Abbildung 2: Veränderungen der Marktspreads und Alphas der fundamental gemanagten Euro IG-Credit-Fonds
Quelle: Quoniam Asset Management

Abbildung 2 zeigt die Beziehung zwischen den monatlichen Fonds-Alphas einer systematischen Quant-Strategie sowie verschiedener Gruppen fundamental gemanagter Fonds einerseits und der Veränderung der Marktspreads andererseits. Einzelheiten zur fundamentalen Vergleichsgruppe und zur Methodik finden sich in der Studie. Die Abbildung zeigt die starke durchschnittliche Abhängigkeit der Alphas der fundamentalen Fonds von der Marktrichtung, wobei eine Outperformance in der Regel in Phasen von Spread-Rallyes auftritt, während in Phasen steigender Credit Spreads eine Underperformance zu verzeichnen ist. Diese Abhängigkeit ist bei der systematischen Strategie deutlich geringer.

„Das erwartete Muster war genau das Gegenteil von dem, was auf dem Markt zu beobachten war. Wir versuchen zu erklären, welche Effekte dieses sehr ungewöhnliche Performancemuster im Sommer 2022 verursacht haben könnten.“

Dr. Harald Henke
Head of Research Fixed Income

Beobachtete Performance im Sommer 2022

Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen hätte man bei den fundamental gemanagten Credit-Fonds eine Outperformance im Juli 2022 angesichts der starken Spread-Rallye und eine Underperformance im August 2022 erwartet, da die Spreads am Ende des Monats höher schlossen. Öffentlich zugängliche Performancezahlen fundamental gemanagter Investmentfonds zeigen jedoch ein anderes Bild, wie in der nächsten Abbildung zu sehen ist.

Abbildung 3: Alpha von Euro IG-Credit-Fonds im Juli und August 2022
Prozentualer Anteil der fundamental gemanagten Euro IG-Credit-Fonds die ihre jeweiligen Benchmarks aus einer Morningstar-Peergroup, wie in der oben genannten Studie definiert, übertrafen. Quelle: Morningstar, Quoniam Asset Management

Wie zu sehen ist, erzielten nur 39% aller Euro IG-Strategien im Juli 2022 eine Outperformance, obwohl sich die Credit Spreads so stark einengten wie seit April 2020 nicht mehr. Ebenso waren die Performancezahlen im August 2022 für 86% aller Fonds positiv, trotz eines Anstiegs der Spreads um 15 Basispunkte gegenüber Ende Juli. Das erwartete Muster war genau das Gegenteil von dem, was auf dem Markt zu beobachten war. Wir versuchen zu erklären, welche Effekte dieses sehr ungewöhnliche Performancemuster im Sommer 2022 verursacht haben könnten.

Erklärung 1: Ungewöhnliche Entwicklung der Ratingklassen

Eine Erklärung für dieses Performancemuster könnte in der Entwicklung der verschiedenen Ratingklassen im Juli und August 2022 liegen, wie die folgenden Grafiken zeigen:

Abbildung 4: Performance der Euro IG nach Ratingklassen
Panel A: Juli 2022
Panel B: August 2022
Die Ratingklassen umfassen die Anleihen im Bloomberg Euro IG Index mit dem jeweils schlechtesten Rating der drei Ratingagenturen S&P, Moody’s und Fitch. Quelle: Bloomberg L.P., Quoniam Asset Management

Aus Abbildung 4 geht ein sehr ungewöhnliches Muster hervor. Wie zu erkennen ist, schnitt der BBB/Baa-Komplex im Juli – trotz stark positiver Renditen in allen Ratingklassen – schlechter ab als der Gesamtmarkt, wobei Anleihen mit BBB-/Baa3-Rating und Anleihen mit Split-Rating schlechter abschnitten als der Markt. Ähnlich ungewöhnlich war, dass der BBB/Baa-Komplex im August – trotz Spread-Ausweitung – besser abschnitt als der Gesamtmarkt, wobei Anleihen mit BBB-/Baa3-Rating und Anleihen mit Split-Rating die beste Performance erzielten. Wenn ein Asset Manager eine Long-Credit-Beta-Position durch Übergewichtung von BBB/Baa und insbesondere von Emittenten mit BBB-/Baa3-Rating umgesetzt hat, wurde die übliche Beziehung zwischen der Entwicklung der Marktspreads und der Fondsperformance möglicherweise durch die Performance des niedrigeren Qualitätsendes des Ratingspektrums überkompensiert.

Diese Performancezahlen sind zwar nicht um Durationsunterschiede bereinigt, die verschiedenen Ratingkategorien liegen in Bezug auf die Duration aber relativ nahe beieinander. Während der BBB/Baa-Bereich derzeit eine Modified Duration von etwa 4,7 aufweist, liegt die gleiche Zahl für A bei 5,0. Darüber hinaus haben sich beispielsweise im August die Indexspreads für den BBB/Baa-Komplex nur um 11 Basispunkte ausgeweitet, während sie für Emittenten mit A-Rating im Durchschnitt um 18 Basispunkte gestiegen sind.

„Dieses Multifaktor-Signal bildet die Grundlage für die Auswahl von Anleihen in einem Portfolio und ist ein wichtiges Erklärungssignal für die Performance systematischer Strategien.“

Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Portfolio Management

Erklärung 2: Sektorperformance

Die zweite Erklärung bezieht sich auf die Sektorperformance von Euro IG Credit. Weil die Sommermonate in der Regel durch eine geringere Liquidität gekennzeichnet sind als ein durchschnittlicher Monat, sind die Schwankungen der Sektorperformance wahrscheinlich ähnlich zu den Schwankungen der relativen Fondsperformance, da umfangreiche Portfolioumschichtungen bei geringer Liquidität weniger wahrscheinlich sind. Die folgenden Zahlen zeigen die Sektorperformance des Marktes im Juli und August:

Abbildung 5: Performance der Euro IG-Sektoren
Panel A: Juli 2022
Panel B: August 2022
Quelle: Bloomberg L.P., Quoniam Asset Management

Die Diagramme zeigen einige Rebound-Effekte auf Sektorebene. Kommunikation, Konsumgüter und Gesundheitswesen gehören zu den vier Sektoren mit der besten Performance im Juli, während sie im August 2022 die schlechteste Performance aufweisen. Banken und Versicherungen schnitten im Juli unterdurchschnittlich ab, während sie im August die stärkste Performance zeigten. Eine sektorbezogene Erklärung würde jedoch bedeuten, dass die Mehrheit der Asset Manager in diesen Sektoren entsprechend positioniert gewesen war, was unwahrscheinlich erscheint.

Erklärung 3: Faktoreffekte

Systematische Credit-Strategien konzentrieren sich auf die Umsetzung von Portfolios, die auf systematische Faktoren geladen sind. Häufig ist das relevante Signal eine Mischung aus verschiedenen Einzelfaktoren. Dieses so genannte Multifaktor-Signal bildet die Grundlage für die Auswahl von Anleihen in einem Portfolio und ist ein wichtiges Erklärungssignal für die Performance systematischer Strategien. Weitere Details zum Factor Investing finden Sie in unserem Factor Investing Paper. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung des Multifaktor-Signals von Quoniam für die beiden genannten Monate.

Abbildung 6: Multifaktor-Performance
Quelle: Quoniam Asset Management

Die Grafik zeigt die monatliche relative Performance eines Faktorportfolios, das aus den 20% der Anleihen mit dem höchsten Multifaktor-Signal besteht. Diese Renditen zeigen eine theoretische Faktorperformance, wobei die praktischen Ergebnisse aufgrund von Transaktionskosten und Liquidität nicht perfekt mit diesen übereinstimmen müssen. Die Faktoreffekte waren im Juli deutlich negativ, was darauf hindeutet, dass ein Mix aus verschiedenen Faktoren nicht besser abgeschnitten hat als die Gesamtbenchmark. Im August erholten sich die Faktoren und zeigten eine positive Performance. Wie in der oben erwähnten Studie gezeigt wurde, sind fundamental gemanagte Credit-Fonds jedoch in der Regel nur geringfügig auf eine breite Mischung systematischer Credit-Faktoren geladen.

Erklärung 4: Durationsposition

Wie in Abbildung 1 zu sehen ist, war der Sommer 2022 durch eine positive Korrelation zwischen den Veränderungen der Credit Spreads und der Zinssätze gekennzeichnet. Dies führte dazu, dass die Wertentwicklung eines Portfolios mit einem Übergewicht in Credit- und einem Untergewicht in Zinsrisiko potenziell von letzterer dominiert wurde. Daher wurde die übliche Spread-Abhängigkeit vieler Portfolios möglicherweise durch die starken Zinsbewegungen verschleiert.

Fazit

Wir können zwar nicht für ein bestimmtes Portfolio sagen, was die Performance im Sommer 2022 getrieben hat, aber wir bieten verschiedene Erklärungen für die sehr ungewöhnlichen Alpha-Muster der Credit-Fonds. Anleger können ihre eigenen Portfolios und die ihrer Asset Manager untersuchen, um die Ursache für die beobachtete Wertentwicklung zu ermitteln. Angesichts der beispiellosen Zinsvolatilität, der Sorgen über den weiteren Verlauf des Konjunkturzyklus und der geopolitischen Spannungen ist es wichtig, die Gründe für die Performance zu verstehen.

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