Wie lässt sich die Selektionsleistung in Credit-Portfolios messen?
Investoren, die die Selektionsleistung eines Credit-Portfolios messen wollen, stehen oft vor dem Problem, eine einfache, aber hinreichend präzise Messung dieser Leistung vornehmen zu müssen. Dr. Harald Henke zeigt Möglichkeiten auf, eine solche Messung zu erreichen.
Dr. Harald Henke
Head of Fixed Income Strategy
Zwar existieren Performance-Attributionsmethoden, die die Performance eines Portfolios um sämtliche systematische Effekte bereinigen und am Ende eine Residualgröße ausweisen, die oft als Selektionsleistung interpretiert wird.
Dieser Ansatz hat jedoch einige Nachteile, wie z.B.
- hohe Komplexität,
- Nichtberücksichtigung nichtlinearer Effekte, die dann als Selektionseffekte interpretiert werden und
- die Notwendigkeit einer großen Datenbasis.
Dies macht eine Attributionsanalyse in vielen Fällen unmöglich.
Wenn ein Investor wissen möchte, welcher Anteil der Performance durch höhere Carry und welcher durch Auswahl risikoadjustiert besser performender Bonds erzielt wurde, schlagen wir die durchschnittliche prozentuale Spread-Veränderung eines Portfolios relativ zur Benchmark über eine bestimmte Periode als einfaches und intuitives Maß für die Selektionskomponente des Portfolios gegenüber einer Benchmark vor.
Die Idee lässt sich mit folgender Gleichung abbilden:
Gleichung (1)
Gleichung (1) wurde mit -1 multipliziert, um die Vorzeichen umzudrehen, damit höhere Werte der Selektionskomponente (SKP) eine höhere Selektionsleistung darstellen. Auf diese Weise lassen sich auch verschiedene Portfolios mit unterschiedlichen Risiko- und Spread-Charakteristika miteinander vergleichen.
Beispiel: Ein Portfolio mit 100 Basispunkten Spread, das eine Spread-Ausweitung um 10 Basispunkte erfährt, hat damit dieselbe Selektionsleistung wie ein Portfolio mit 150 Basispunkten Spread, dessen Spreads sich um 15 Basispunkte ausweiten.
Für Gleichung (1) gibt es eine sehr intuitive Erklärung. Erweitert man die beiden Quotienten auf der rechten Seite von Gleichung (1) mit der durchschnittlichen Duration von jeweils Portfolio und Benchmark, Dt, erhält man die folgende Gleichung:
Gleichung (2)
Auf der rechten Seite steht jeweils für Portfolio und Benchmark der Quotient aus dem Spread-Änderungsreturn und der DTS. Gleichung (2) und durch Äquivalenzumformung auch Gleichung (1) messen damit die erzielte Spread-Änderung des Portfolios pro Einheit Risiko. Portfolios mit höherer DTS benötigen auch eine höhere absolute Spread-Änderung, um die gleiche Selektionsleistung wie ein risikoärmeres Portfolio auszuweisen.
Die Selektionskomponente (SKP,t) misst nicht den gesamten Credit Excess Return. Der positive Return-Effekt der Carry wird explizit nicht berücksichtigt. Das Maß dient daher ausschließlich als Approximation zur Bestimmung der Selektionsleistung eines Portfolios, die unterschiedliche Risikolevels im Portfolio auf einfache Weise berücksichtigt. Dabei kann der Spread je nach Fokus gegenüber einer Staatsanleihen- oder Swap-Kurve gemessen werden.
Dieses Maß ist zwar nur eine Approximation der Selektionsleistung eines Portfolios. In einem realistischen Szenario, in dem die täglichen Bestände des Portfolios eines Asset Managers unbekannt sind und eine Performance-Attribution daher nicht durchgeführt werden kann, erlaubt die dargestellte Methode aber eine schnelle und aussagekräftige Analyse des Selektionserfolgs von Credit-Portfolios. Investoren können sich dieser Methode sehr einfach bedienen.